musica aperta

2022 · Berlin

graphical notation in music

 

Musiktheater, visuelle Grafiken, Pop-Musik, Klangkunst, spontane Improvisation: Die musica aperta beleuchtet grafisch notierte Musik aus einer Vielzahl von Perspektiven. Alle sechs Stücke wurden von internationalen Komponist*innen für das Ensemble geschrieben und erzählen sehr persönliche und überraschende musikalische Geschichten.

 

Makiko Nishikaze trans-formed for trio (2022)

Florian Bergmann Capriccio (2022)

Christian Manuel Zanon lembi scabrosi (2022)

Hanna Hartman Apricots (2015)

Ignaz Schick Rof Oirt Rettimsnart (2022)

Benedikt Bindewald Neu gemischt (2022)

 

Florian Bergmann – Klarinette, Bassklarinette
Nikolaus Schlierf – Viola, Violine
Alba Gentili-Tedeschi – Klavier

 

 

Makiko Nishikaze – “trans-formed for trio”

Mit den Augen hören? Die Graphiknotation bietet Musikern die Möglichkeit, sich mit den Augen Klang und Aktion vorzustellen. Die Notation ist wie eine Landkarte, mit der das Ensemble gemeinsam navigieren und eine Raum-Klang-Situation schaffen kann. Die Komponistin begleitet diesen Prozess, um die endgültige Fassung zu bestimmen.

 

 

Florian Bergmann – „Capriccio“

Das Stück ist in Form einer linearen grafischen Partitur notiert, welche den Rhythmus exakt determiniert, Tonhöhen und Klangfarben dagegen weitgehend der (spontanen) Entscheidung der Interpreten überlässt. Die Basis bildet ein von experimenteller Electronic Dance Music inspirierter, zyklischer Groove, der von den Spielern klanglich abstrahiert und transformiert wird. So ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen den äußerst verschiedenen Aufführungs- und Rezeptionspraktiken zeitgenössischer einerseits und beat-orientierter Musik andererseits, welches bei jeder Aufführung des Stückes neu verhandelt wird.

 

Christian Manuel Zanon – „lembi scabrosi“

Zanon macht keinen Hehl aus seiner Faszination für viele Aspekte der musikalischen Technik, der Komposition, der Natur des Klanges und der Bedeutung der Aufführung auf der Bühne. Selbst wenn sie sich nicht ausdrücklich auf die Musik beziehen, überschneiden sich die Grafik und die Poetik der Arbeiten Zanons – ebenso wie sein unentwegtes Nachdenken über den Begriff der Zeit – doch zweifelsfrei mit der musikalischen Sprache und viele seiner Werke inspirieren unmittelbar eine klangliche Übersetzung. Zanons Werke werden in doppelte Form präsent sein: Einerseits als in Musik übersetzte musikalische Grafiken, andererseits als visuelle Ausstellung der Bilder und der mit ihnen verknüpften Skulpturen.

 

Hanna Hartman – „Apricots“

„Alphabet – die aprikosenbäume gibt es“ ist eine der Inspirationen für Hanna Hartman während der Komposition des Stückes „Apricots“ für das Trio Transmitter. Die Komponistin arbeitet mit sehr klar definierten, vornehmlich statischen Klängen, welche sich in einem äußerst reduzierten Frequenzspektrum bewegen. Ausgangspunkt ist eine spezielle Präparation des Klaviers, dessen Saiten im hohen und höchsten Register durch springende Holzaprikosen angeschlagen werden. Hinzu treten aneinander geriebene Ofenziegel, welche einen feinen, hoch-klirrenden Klang erzeugen, die mit wippenden Metallstäben präparierte Violine und gelegentliche Zahntöne der Bassklarinette. Ergänzt wird das Klangbild durch einige eher unterschwellige Zuspiele von auf Metall prasselndem Wasser. Die grafische Partitur Hartmans ordnet die Klangobjekte in solcher Weise, dass sich ein langsam entfaltendes, zweimal unterbrochenes Intensitätscrescendo ergibt.

 

Ignaz Schick – „Rof Oirt Rettimsnart“

In „Rof Oirt Rettimsnart“ stellt Ignaz Schick jedem Ensemblemitglied insgesamt 32 Kästen mit mehr oder weniger komplexem, grafisch notiertem Material zur Verfügung. Bis auf wenige Ausnahmen können die Interpreten selbst entscheiden, in welcher Form und Reihenfolge sie diese jeweils anordnen wollen. Das tonale Material kann von den Ausführenden bestimmt werden, während Dauer, Dynamik oder Tonhöhe sowie die Abfolge der Ereignisse in den einzelnen Kästen in der jeweiligen Notation ganz genau festgelegt sind. Schick schreibt speziell für Interpreten, die aufgrund ihrer Erfahrung als Mitwirkende oder Mitkomponisten des Werkes in Frage kommen. Die Struktur wird eindeutig vom Komponisten vorgegeben, aber es sind die Interpreten, die das Material zum Leben erwecken.

 

Benedikt Bindewald – „Neu gemischt“

Ständig werden wir neu gemischt. Der Algorithmus liest uns, mischt unsere Karten, und wirft uns das vor die Füße, was er in uns zu erkennen meint. Keiner weiß mehr so richtig, wo es langgeht, die Realität ist in zu viele Kleinteile zerhäckselt, um darin noch einen Faden oder eine Logik zu erkennen. Wir tanzen „for Reel“ nach der TakTik von irgendeiner Pfeife. Und doch ist da der eigene Lebensweg. Der eigene Faden, der uns führt, auch wenn wir ihn als verloren empfinden.

 

 

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musica aperta 2022 wurde gefördert von der initiative neue musik berlin